Eines meiner größten Hobbies im Zusammenhang mit dem "Vögelgucken" ist wohl das Ablesen von wissenschaftlichen Vogelmarkierungen. Doch bevor diese zum Beispiel am Bein einer Sturmmöwe
(Larus canus) entdeckt und abgelesen werden kann, muss der Vogel natürlich auch ersteinmal beringt werden.
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Sturmmöwe (Larus canus) in Hamburg mit einem Farbring aus Dänemark |
Wildlebende Vögel können dabei mit Hilfe von Netzen oder Fallen gefangen werden. Außerdem können auch die Jungvögel beringt werden, bevor sie die Flugfähigkeit erreichen. In jedem Falle bedarf es dazu einer behördlichen Ausnahmegenehmigung!
Dabei wird die Methode des Vogelberingens hauptsächlich in der Zugvogelforschung angewandt. Das zugrundeliegende Prinzip ist es einen Vogel zu markieren, und ihn somit wiedererkennbar zu machen. Wichtiger Bestandteil ist es dann natürlich auch, den Vogel wieder zu finden. Da dies mehr oder weniger auf dem Zufall beruht, ist eine zeitliche und räumliche Kontinuität bei der Nachsuche erforderlich um die Warscheinlichkeit zu erhöhen. Außerdem ist auch die Nachsuche an anderen Orten wichtig und aufschlussreich.
Wesentlicher Bestandteil der Arbeit ist die Vogelberingung auch, wenn Populationsstudien durchgeführt werden. Die Erhebung von Daten wie dem Gewicht, Flügellänge, Geschlecht und dem Alter, gehört heute zur Standarderfassung und hilft auch dabei Populationstrends zu erkennen. Mithilfe der Vogelberingung kann man erfahren, wo ein Zugvogel überwintert und andersherum natürlich auch wo ein Vogel herkommt. Außerdem kann man herrausfinden, wie alt verschiedene Arten werden können. Man kann aber auch die Standortstreue eines Vogels untersuchen.
In Deutschland wird die wissenschaftliche Vogelberingung von drei Beringungszentralen koordiniert: der
"Vogelwarte Helgoland" ( Institut für Vogelforschung Wilhelmshaven, zuständig für Nord-Westdeutschland), der
"Vogelwarte Hiddensee" (Beringungszentrale im Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern, zuständig für Ostdeutschland) und der
"Vogelwarte Radolfzell" (Max Planck Institut für Ornithologie, zuständig für Süddeutschland und Berlin). Jede dieser Beringungszentralen gibt ihre eigenen Ringe aus, mit denen in ihrem Zuständigkeitsgebiet beringt wird. Wildvögel dürfen in Deutschland nur von Personen oder Einrichtungen mit einer behördlichen Genehmigung gefangen und beringt werden. Um diese Genehmigung zu erhalten müssen bestimmte Vorraussetzungen erfüllt, sowie ein Kurs bei einer der Beringungszentralen gemacht werden. Die meisten Beringer in Deutschland arbeiten ehrenamtlich in ihrer Freizeit. Sie erarbeiten alljährlich die erstaunliche Zahl von über 300.000 Vögeln, die in Deutschland beringt werden!
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Ringe, Zange, Millimetermaß und Ringdatenblatt - wichtige Beringungsutensilien |
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Verschiedene Ringbeispiele mit zugehöriger Art (v.l.n.r.):
Grünfink (Carduelis chloris), Blaumeise (Cyanistes caeruleus), Flussseeschwalbe (Sterna hirundo),
Lachmöwe (Chroicocephalus ridibundus), Silbermöwe (Larus argentatus) und Tafelente (Aythya ferina) |
Dabei begann man mit der Vogelberingung in Deutschland schon 1909 auf
Helgoland. Die ersten Ringe waren damals schon aus Aluminium und hatten
einen individuellen Code bestehend aus Zahlen und Buchstaben. Heute gibt
es Ringe in unterschiedlichen Größen und Materialien, ganz den
Anforderungen entsprechend und zu jedem Bein passend. Für einen kleinen
Zugvogel, wie einen Trauerschnäpper
(Ficedula hypoleuca) ist es
wichtig, dass der Ring so leicht wie möglich ist. Gleichzeitig ist der
Ring keinen großen Belastungen ausgesetzt, so dass er nicht so stark
abnutzt.
Also kommt ein kleiner Aluminiumring zur Anwendung. Eine Lachmöwe
(Chroicocephalus ridibundus)
ist hingegen in der Lage das Gewicht eines größeren Stahlringes zu
tragen. Viel wesentlicher ist aber auch, dass ein Aluminiumring, der von
einer Lachmöwe 20 Jahre getragen wurde, meist nicht mehr ablesbar ist.
Also sollte hier Stahl verwendet werden. Andere, sehr flache
"Spezialringe" sind zum Beispiel für Trauerseeschwalbe
(Chlidonias niger) und Mauersegler
(Apus apus)
gemacht, welche extrem kurze Beine haben. Dabei tragen alle Metallringe
immer einen Idividualcode und den Namen der Beringungszentrale, durch
welche er ausgegeben wurde.
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Gelber Farbring einer Silbermöwe (Larus argentatus) in Hamburg |
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Russischer Metallring einer Sturmmöwe (Larus canus) in Zingst auf dem Darß |
Zusätzlich zu den klassischen Metallringen, können Vögel auch mit farbigen Zusatzmarkierungen versehen werden. Dabei kommen bei kleineren Vogelarten hauptsächlich farbige Kunststoffringe zum Einsatz, welche in individuellen Kombinationen mehrerer Ringe angewendet werden. Der besondere Vorteil hierbei ist, dass die Vögel auch aus größeren Entfernungen wiedererkannt werden können, ohne einen "Kontrollfang". Besonders hilfreich ist dies bei Territorialstudien. Es trägt aber auch im Allgemeinen zu einer höheren Wiederfund- bzw. Ableserate bei. Größere Vögel werden häufiger mit Farbringen versehen, welche ebenfalls einen Individualcode tragen. Dies erhöht die Anzahl der möglichen Farbmarkierungen wesentlich. Außerdem werden bei manchen Vogelarten auch Halsringe, Flügel- oder Schnabelmarken angewendet. Wer einmal so einen farbmarkierten Vogel sieht und sicher identifizieren kann, sollte dies einer der Beringungszentralen oder direkt dem zuständigen Beringer mitteilen. Eine detailierte Auflistung der Farbberingungsprojekte ist auf der Website
"European colour-ring Birding" zu finden.
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Gut erkennbarer weißer Farbring aus Kroatien am Bein
einer Lachmöwe (Chroicocephalus ridibundus) in Hamburg |